Jedes Jahr im Herbst werden vermehrt scheinbar kranke oder schwache Igel gefunden und in die Tierarztpraxis gebracht. Nicht jedes dieser Tiere ist auch wirklich hilfsbedürftig! Wir möchten Ihnen hier einige wichtige Anhaltspunkte für den richtigen Umgang mit Igeln geben. Igel zählen zu den „besonders geschützten“ Arten und dürfen nicht gejagt oder in Gefangenschaft gehalten werden. Ausnahmen sind kranke oder verletzte Tiere, diese dürfen aufgenommen und gesund gepflegt werden, müssen aber wieder in die Freiheit entlassen werden.
Wenn sich ein Igel entgegen seiner üblichen nächtlichen Lebensweise tagsüber sehen lässt, ist er meist krank oder verletzt. Auch ein Igel, der ausgestreckt in der Sonne liegt, sonnt sich nicht, sondern ist wahrscheinlich zu schwach, um sich fortzubewegen. An seinen trägen Reaktionen oder herausstehenden Hüftknochen erkennt man einen unterernährten, kranken oder geschwächten Igel. Igel, die nach Wintereinbruch gesichtet oder aufgegriffen werden, waren vermutlich schon vor dem Winterschlaf krank und konnten aus diesem Grund erst gar nicht einschlafen. Auch ein zerstörtes Nest bringt die Igel in Schwierigkeiten.
Wird ein hilfsbedürftiger Igel von Menschen aufgenommen, entscheiden oft die ersten Stunden über Leben und Tod des Tieres. Es ist wichtig, sofort zu handeln und das Tier unverzüglich einem Tierarzt vorzustellen. Ein erster Check und die richtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen sind wichtig und sollten für die spätere Pflege dokumentiert werden. Das Körpergewicht gibt Auskunft über das ungefähre Alter und den Ernährungszustand des Findlings. Tiere, die Anfang November unter 500g wiegen, sollten in menschlicher Obhut überwintert werden. Unterkühlte Tiere sollten langsam aufgewärmt werden. Am besten nimmt man eine mit körperwarmem Wasser gefüllte Wärmflasche, die man in einen Karton legt. Darauf platziert man den Igel und deckt ihn mit einem Handtuch zu. So wird das Tier rundum gewärmt und fühlt sich geborgen.
Besonders schnell sollte man handeln, wenn ein Befall mit Fliegeneiern oder Maden festgestellt wird. Vor allem in der wärmeren Jahreszeit findet man diese Parasiten an verletzten oder schwachen Tieren. Es sollte auf jeden Fall ein Tierarzt aufgesucht werden, der die Parasiten entfernt und die Verletzungen des Tieres behandelt. Oft sind die Igel auch von Flöhen befallen. Diese lassen sich durch ein Parasitenmittel in der Regel gut abtöten. Auf keinen Fall sollte man die Flöhe oder Zecken mit Lack, Öl oder Klebstoff behandeln, da diese Stoffe nicht nur für den Parasit, sondern auch für den Igel schädlich sind. Ein besonders großes Problem bei Igeln sind Darmparasiten, die die Tiere schwächen und teilweise auch für den Menschen ansteckend sein können. Wenn man sich entschließt einen Igel zu überwintern oder gesund zu pflegen, sollte dieser von einem Tierarzt gründlich untersucht und entsprechend behandelt werden. Als Notunterkunft für einen Findling reicht vorerst ein Karton mit Laub und ausreichend Platz sowie Futter und Wasserschälchen. Die geschwächten Tiere haben meist keinen großen Bewegungsdrang. Das richtige Futter für die Igel ist ein viel diskutiertes Thema. Fachleute empfehlen als Erstversorgung Hunde- oder Katzenfutter aus der Dose. Hat man dies nicht zur Hand, nimmt der Igel auch ein Rührei ohne Salz und Pfeffer. Im Zoofachhandel wird spezielles Igelfutter angeboten, das auf die Bedürfnisse der Stachelritter zugeschnitten ist. Auf gar keinen Fall darf man den Igeln Kuhmilch anbieten! Diese wird zwar gern genommen, führt aber zu schwersten Durchfällen und oft zum Tod der Tiere. Ist ein Findling nicht in der Lage selbstständig zu fressen, sollte man als Erste Hilfe dem Tier ungesüßten Fenchel- oder Kamillentee oder lauwarmes Wasser vorsichtig mit einer Spritze ins Mäulchen tropfen und möglichst schnell einen Tierarzt aufsuchen. In der Regel ist es am besten, die Igel an eine geeignete Pflegestation abzugeben. Die meist privaten Igelhilfen kennen sich mit der richtigen Aufzucht, Pflege, Unterbringung und Auswilderung der Tiere bestens aus und die Tiere haben in den geübten Händen eine gute Chance zu überleben und in die Freiheit entlassen werden zu können. Da die meisten Igelstationen von privaten Tierfreunden betrieben werden, freuen sich diese immer über einen kleinen Beitrag der Finder zu Futter und Pflegekosten. Sollten Sie weitere Fragen oder einen hilfsbedürftigen Igel gefunden haben, wenden Sie sich an unser Praxisteam, wir helfen Ihnen gern.